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Wochenbrief: BND-Spion, Hacker, Netzwerk Recherche

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Wochenbrief: BND-Spion, Hacker, Netzwerk Recherche

Liebe Leserinnen und Leser,

die Spionage-Affäre im Bundesnachrichtendienst war das Thema der vergangenen Tage. Als unsere Reporter Dirk Banse, Manuel Bewarder, Florian Flade und Uwe Müller am Donnerstagabend vergangener Woche den ersten Hinweisen nachgingen, war der Fall noch reichlich verworren.

Inzwischen aber sprechen immer mehr Indizien dafür, dass der enttarnte Spion tatsächlich an die Amerikaner berichtete. Das haben wir in mehreren großen Beiträgen in der „Welt“ und der „Welt am Sonntag“  berichtet, mit vielen exklusiven Details.

Die Bundeskanzlerin und der Bundespräsident haben sich klar positioniert und kritisiert. Kein Spur des sonst üblichen Abwiegelns. Wie ernst die Angelegenheit tatsächlich ist, zeigt sich auch daran, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière erwägen soll, die Aufklärung der Spionageabwehr des Verfassungsschutzes auf die US-Einrichtungen in Deutschland auszuweiten. Das war bisher ein Tabu.

Dass die Affäre ausgerechnet bekannt wurde, als Angela Merkel zu einer China-Reise aufgebrochen war, ist mehr als nur eine beiläufige Pointe. Es stellt die alten Denkmuster, die die Welt in Freunde und Feinde einteilen, infrage.

So oder so – China ist nicht nur eine beherrschende Wirtschaftsmacht, sondern nach wie vor auch eine führende Spionage-Großmacht. Florian Flade und Benedikt Fuest beschreiben in der „Welt am Sonntag“, wie ein Heer von 100.000 Hackern in Uniform an Hochleistungscomputern komplexe Computer-Viren und Trojaner basteln, die sie in alle Welt verschicken. „Hungrig nach Bauplänen, Datenbanken, Innovationen dringen sie in die Netzwerke auch deutscher Unternehmen ein.“ Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sagt dazu: Die Firmen seien oft überfordert damit, sich selbst zu schützen. „Sie treten gegen einen übermächtigen Gegner an.“

Solange es Phänomene wie Spionage-Affären, Cyber-Angriffe und Wirtschaftsspionage  gibt, gibt es für investigative Journalisten vieles, was sie aufdecken können. Ihre Arbeit aber verändert sich derzeit sehr – das hat nicht zuletzt die Jahreskonferenz des Netzwerks Recherche am vergangenen Wochenende im Hamburg gezeigt. Die Konferenz ist eine Art Klassentreffen und Messe des deutschen Enthüllungsgewerbes.

Im Zentrum vieler leidenschaftlicher Debatten standen neue Finanzierungsmodelle des Aufdecker-Journalismus’ und die Recherche-Kooperation zwischen öffentlich-rechtlichem Fernsehen und privatfinanzierten Zeitungen. Debatten, die David Schraven, Ex-Chef der Rechercheeinheit aller WAZ-Zeitungen, mit seinem neugegründeten und von einer Stiftung finanzierten Projekt „Correctiv“ derzeit ebenso befeuert wie die Recherche-Allianz von NDR/WDR und Süddeutscher Zeitung. Beides waren in Hamburg große Themen.

Die Diskussionsrunde zum Rechercheverbund aus NDR, WDR, Süddeutscher Zeitung zählte zu den Höhepunkten der Konferenz. Das Prodium war prominent besetzt: SZ-Investigativchef Hans Leyendecker, Verleger Jakob Augstein, NDR-Intendant Lutz Marmor, unser Chefreporter Jörg Eigendorf. Die Diskussion hatte einen hohen Unterhaltungswert, wurde aber auch von beiden Seiten – Befürwortern wie Kritikern, journalitischer Mehrwert versus Wettbewerbsverzerrung mithilfe von Gebührengeldern – hart geführt. Der stellvertretende Chefredakteur des ZDF, Elmar Theveßen, hat die zentralen Aussagen der Debatte live getwittert. (Man muss ein bisschen blättern.)

In einem weiteren Panel haben unsere Reporter Lars-Marten Nagel und Marc Neller über eine große Recherche berichtet, mit der sie bundesweit für Aufsehen gesorgt haben: Wer ihrer exklusive und viel zitierte Berichterstattung in den vergangenen anderthalb Jahren verfolgt hat, den konnte die Pleite des Windkraftkonzerns Prokon im Januar dieses Jahres eigentlich nicht wundern.

Ein Zusammenfassung der beiden Tage finden Sie auch auf der Homepage des Netzwerks Recherche.

Viel Lesespaß und einen guten Start in die Woche wünscht

Marc Neller

Streng vertraulich! Das WELT Investigativ Blog


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